Die früheren Zeiten
Von Gertrud Tintes
Liest man heut ein Buch aus vergangener Zeit
Dann glaubt man ein Märchen zu lesen
Da gabs keinen Hader und gabs keinen Streit
Da ist man sehr sittsam gewesen.
Da tat man nur das, was die Mutter erlaubt
Da waren die Mädchen so bieder
Sie haben mit 18 noch an den Storch geglaubt
Die Zeiten die kommen nie wieder.
Da konntst du der Braut imponieren
Da hast du ihr nobel ne Bockwurst bestellt
Tatst ihr ne Brause spendieren.
Dann gingt ihr spazieren bei lauschiger Nacht
Und du nahmst sie zärtlich ums Mieder
Und hast noch 2,50 M nach Hause gebracht
Die Zeiten die kommen nie wieder.
Im Neubau zu wohnen – wie billig war das
Da konnt auch der Ärmste frohlocken
Die Wohnung war feucht – man wohnte „für naß“
Solange bis alles schön trocken.
Sechs Monate gratis, das hat sich gelohnt
Und war die Zeit um, zog man wieder.
Ich habe acht Jahre ohne Miete gewohnt,
Die Zeiten die kommen nie wieder.
Wenn früher die Mutti `en neuen Hut sich erstand
Dann war das ein Einkauf fürs Leben
Nach fünf Jahren wurde erneuert das Band
Mit `ner schönen Garnierung daneben.
Nach 10 Jahren wurde der Bibi gefärbt
Darüber kam ein buntes Gefieder
Und dann hat ihn noch später die Tochter geerbt
Die Zeiten die kommen nie wieder.
In Großmutters Kochbuch da stand mancherlei
Man nehme – man nehme – man nehme
1,20 die Butter, 5 Pfg das Ei
Da waren das keine Probleme
Für 2,95 da gabs ein Paar Schuh
Für 4 M ein Kleid und ein Mieder
Für 5 M da gabs die Verkäuferin dazu
Die Zeiten die kommen nie wieder.
Heut hängt uns die Zeit manchmal zum Halse heraus
Doch soll man nicht allzu sehr lästern
Es sah auch früher nicht immer rosig aus
Man denke zum Beispiel an gestern.
Da heulten Sirenen und dann gings los
Mir schlottern noch heut die Glieder
Denk ich daran, dann wünsch ich mir bloß:
Die Zeiten - nie wieder, nie wieder!
Hier das Gedicht der Autorin, meiner „Tante Traut“.
Betitelt und abgeschrieben am 21.12.2008
Ernst Becker
W.v.L.
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